© Sabine Ibing, Lorib GmbH         Literaturblog Sabine Ibing
Autorin Sabine Ibing
Interview mit Jutta Schmitt (von Sabine Ibing) Jutta Schmitt, ziemlich bekannt vor Ort als Frau Schmitt, hat ihre Buchhandnlung wo? In Dietzenbach, bis vor kurzem in der Schmidtstraße … umgezogen zum Stadtbrunnen, gleich um die Ecke. Wer nicht weiss, was er lesen soll, Frau Schmitt findet 100 % ein passendes Buch. Anrufen, sie besorgt alles, auch Schulbücher, DVD und CD; am nächsten Tag abholen. Vor ein paar Jahren hast du in Dietzenbach, bei Frankfurt, eine Buchhandlung eröffnet, gleich in der Nähe eines alteingesessenen Unternehmens, bei nur kapp 35.000 Einwohnern. Das fand ich mutig. Du hast geglaubt, die Stadt könne zwei Buchläden vertragen, woher nahmst du die Gewissheit? Frau Schmitt: 1999 bis 2002 hat die Buchhandlung VielSeitig in Dietzenbach aufgemacht, deren Filiale ich im Angestelltenverhältnis geleitet habe – und vorher gab es auch schon immer beide Buchhandlungen mit wechselnden Inhabern. 2002 habe ich die Buchhandlung übernommen und es wurde „Bücher bei Frau Schmitt“. Gewissheit habe ich nie – ich habe es einfach gemacht. Und bis jetzt auch noch nicht bereut. Noch mutiger, du hast in den Zeiten von Amazon und E-Books vor kurzem deinen Laden vergrößert. Andere Buchhandlungen verkleinern sich, nehmen andere Ware mit herein oder schließen. Woher nimmst du den Mut, dass dies die richtige Richtung sein wird? Frau Schmitt: Mein Laden lief gut, und das neue Geschäft ist größer, schöner und bietet mit dem Seminarraum oben drüber ganz viele neue Möglichkeiten für Lesungen, Seminare, Spieletage, etc. Ich kann alles in einem Haus machen. Und meine neuen Vermieter sind super. Mut braucht man als Selbstständige und vor allem im Buchhandel sowieso immer – oder man ist irre – oder beides … Wie wichtig sind Cover? Greifen Kunden eher zu einem interessanten Cover? Oder sind es die Titel, die die Kunden in den Bann ziehen? Frau Schmitt: Wahrscheinlich kennt das jeder, dass man von hübschen Verpackungen angezogen wird, oder? Titel auch schon mal – vor allem, wenn sie witzig sind wie „Schantall, tu ma die Omma winken“ oder ähnliche.... Kaufen die Leser eher nach Klappentexten oder lesen sie in die ersten Seiten hinein? Man sagt, der erste Satz, die erste Seite zählt ... Frau Schmitt: Das ist so unterschiedlich wie die Leser selbst – aber wenn jemand unentschlossen ist, empfehle ich, den ersten Absatz zu lesen, meistens weiß man dann doch, ob man weiterlesen möchte oder nicht. Lassen sich viele Kunden beraten oder wissen sie in der Regel genau, was sie wollen? Frau Schmitt: Sowohl als auch. Wir haben viele Stammkunden, deren Lesegewohnheiten oder Präferenzen wir kennen, da können wir gut Empfehlungen aussprechen (oder schon auch mal von einem Buch abraten). Diese Kunden vertrauen mir teilweise so sehr, dass ich sagen kann „Nehmen Sie das, Sie werden das lieben“ und die Person kauft das Buch einfach. Oder ich kann sagen: „Das wollen Sie nicht lesen“, und das Buch wandert sofort wieder ins Regal. Das kennen sicher alle Buchhändler, das ist witzig und sehr schön. Meine Tochter geht zu Frau Schmitt und sagt, sie möchte ihrer Mutter ein Buch schenken ... Jedes Mal hat es gepasst. Tolle Bücher hast du für mich ausgewählt. Ist das der Vorteil vom Händler? Er kennt seine Kunden? Amazon kennt mich anscheinend nicht, hat mir noch nie etwas Passendes empfohlen. Frau Schmitt: Was soll ich sagen? Wir sind einfach gut. Stimmt. Das kann ich nur bestätigen. Nun gibt es von »Bücher bei Frau Schmitt« endlich eine Webpage. Aber viel über Bücher finde ich dort noch nicht. Viele Buchhändler probieren sich in neuen Medien, verkaufen online Bücher und eBooks, meist über Buchladenplattformen. Einige Buchhändler sind aktiv in Facebook, verkaufen dort, werben zumindest für Lesungen. Warum tun sich andere so viele Buchhändler schwer damit, auch Frau Schmitt? http://buecher-bei-frau-schmitt.de/ Frau Schmitt: Ich bin kein Freund von Mr. Zuckerberg, und unsere Website ist noch nicht ganz so, wie ich sie haben möchte. Es sollen noch mehr Empfehlung darauf zu finden sein, aber durch den Umzug der Buchhandlung, die Renovierung und den Schulanfang war ich sehr eingebunden. Wir finden, dass es gut ist, im direkten Gespräch mit dem Kunden die Bücherwünsche zu klären, daher machen wir das lieber life oder am Telefon. Es gibt die Möglichkeit, über den Großhändler eine Website einzurichten, wo die Kunden nur noch anklicken, aber bis jetzt fand ich die Kosten dafür nicht in Relation zu dem, was dabei als Ergebnis herauskommt (was ich so von anderen Buchhändlern gehört habe). Wir bleiben da aber flexibel, vielleicht ändert sich das noch. Ich persönlich lese Belletristik fast nur noch per eBook, kaufe nur noch Kinderbücher und Sachbücher auf Papier. Das Papierbuch wird nicht ganz aussterben, viele lieben das gebundene Buch, ich kaufe auch welche, meist zum Verschenken. Aber wird sich der Markt nicht weiter elektronisch wandeln? Frau Schmitt: Meine Glaskugel ist gerade beschlagen – aber unsere Erfahrung zeigt, dass viele Leser beides mögen. Und wenn wir aussterben – dann ist das eben so. Dann mache ich etwas anderes Schönes. Es gibt eine Menge Selfpublisher, ziemlich gute und ziemlich schlechte. Die verkaufen sich elektronisch über Tolino und Amazon. Viele haben ihre Romane auch im Papierformat. Versuchen sie ihre Bücher in einer Buchhandlung unterzubringen, erhalten sie meist nur verächtliche Blicke oder unverschämte Schreiben auf ihre Anfragen. Ist der Buchhandel hier ein wenig kurzsichtig? Frau Schmitt: Nicht jeder ist ein guter Autor, der meint, ein Buch schreiben zu müssen. Und wenn die eigene Geschichte oder Lebensgeschichte bestimmt interessant und dramatisch für einen selbst ist, muss es auch noch kein gutes Buch oder kein Bestseller werden. Die im Selbstverlag produzierten Bücher sind sehr oft äußerlich unattraktiv, dafür aber meist zu teuer und schlecht zu verkaufen. Oder nicht ordentlich redigiert und überarbeitet. Da gibt es viele Mängel, und alle Buchhändler kennen das, dass ortansässige Schreiber mit ihren Werken kommen, die dann aber im Regal versauern, was auch für die Autoren unerfreulich ist. Bei Amazon werden diese Bücher dann in Schnäppchenaktionen untergebracht, da verdient man als Autor dann auch nichts, meint aber, man hätte viele verkauft. Ja, es ist schwierig, das eigene Buch gut unterzubringen, eventuell ist es sinnvoller, es über eine passende Agentur zu versuchen. Ich finde immer mehr Verlagsbücher mit gravierenden Fehlern und Ausdrucksschwächen. Was ist da los? Frau Schmitt: Es wird überall gespart – auch an Lektoren. Warum geben so wenig Händler die Möglichkeit, eBooks herunterzuladen? Frau Schmitt: Siehe oben – die Gebühren, die wir aufbringen müssen, um das Angebot zu stellen, sind höher als das Interesse der Kunden, diese über uns herunterzuladen. Kann der Buchhändler nicht seinen Vorteil der Sympathie nutzen und Stammkunden elektronische Buchempfehlungen geben? Das wäre doch effektive Kundenbindung. Frau Schmitt: Selbstständige Buchhändler haben grundsätzlich eher eine 70-Stunden-Woche. Wenn dann noch Kapazitäten frei sind, oder man mehrere Angestellte hat, kann man sich toll engagieren…. Überhaupt, Newsletter an die Stammkundschaft zu senden, mit Neuigkeiten vom Buchmarkt, auch so ein Instrument, die Kunden zu binden, das Buchhändler kaum wahrnehmen. Haben die Buchläden ein wenig die elektronische Zeit verschlafen? Frau Schmitt: Siehe oben (Zeit, Engagament, etc., machen ja auch einige). Amazon versucht mit Preisaktionen im eBookmarkt zu locken. Hier gibt es eine Lücke im Gesetz, da ein eBook nicht als Buch gilt und somit nicht unter das Buchpreisbindungsgesetz fällt. Zumindest muss neuerdings eine Preisänderung bei allen VEB-gelisteten Büchern früh genug angemeldet werden. Da schießt sich der deutsche Buchhandel wieder einmal selbst ins Bein! Warum setzt sich der Buchhandel nicht genügend dafür ein, dass eBooks auch gesetzlich als solche gelten? Weil sie nicht aus Papier sind? Oder wurde auch hier wieder geschlafen? Frau Schmitt: Seit es das elektronische Buch gibt, wird an der Gesetzgebung gearbeitet – es gibt immer wieder Lücken, und ja, es könnte immer mal schneller gehen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels vertritt uns in diesen Angelegenheiten, Verstöße werden geahndet, auch bei großen Anbietern. Ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Frau Schmitt: Sehr gerne. Mein persönliches Fazit zu Buchhändlern: Ich weiss nicht, wie sie es machen, aber sie treffen immer meinen Geschmack. Das große A müsste eigentlich wisen, was ich lese … Sie haben es in den ganzen Jahren nicht einmal geschafft, mir ein für mich akzeptables Buch oder Hörbuch zu empfehlen. Der Mensch scheint trotz seiner Fehlbarkeit bessere Sensoren zu besitzen, als eine Maschine, die mein Kaufverhalten analysiert. Und das noch, wo ich zu jedem Buch / Hörbuch eine Rezension abgebe. Liebe Buchhändler, ich würde gern meine Ebooks auf eurer Wesite kaufen, weil ich euch vertraue. Denkt mal drüber nach. Zu den anderen Interviews