Autorin
Sabine Ibing
Interview
mit Olaf Jahnke
(von Sabine Ibing)
Olaf Jahnke, Jahrgang 1963, in Uelzen geboren, wohnt seit langem
im Taunus. Der ehemalige FAZ-Mitarbeiter arbeitet seit geraumer
Zeit beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt als Kameramann. Er
spielt Volleyball und ist engagierter Politiker bei den Grünen.
http://www.olafjahnke.de/
S. I.: Du hast dein neues Buch über den »Größenwahn Verlag« aus
Frankfurt herausgebracht. Ist der Sitz Frankfurt Zufall oder gab
es hier Verbindungen zu deinen Frankfurter-Themen? Und
warum hast du den Verlag gewechselt?
O. J: Mein vorheriger Verlag saß in Leipzig, hatte als
Schwerpunkt Krimis aus dem Osten der Republik.
Dementsprechend lagen viele Veranstaltungen auch dort,
ebenso waren Marketing- und Pressearbeit eher für diese
Bundesländer aufgestellt. Das sieht jetzt anders aus, der Verlag
sitzt nur ein paar Kilometer von mir entfernt, direkt gegenüber
der Frankfurter Messe.
S. I.: Du hast als Kameramann möglicherweise einen anderen
Blick auf Szenen oder Objekte Menschen. Spiegelt sich das in
deinen Büchern wieder?
O. J: Angeblich merkt man meinen Texten den Kameramann an.
Präzise Bildbeschreibungen, statt langer Kapitel neige ich eher zu
kurzen Szenen, und wenn es erforderlich ist, wie z.B. bei
Actionszenen, natürlich sehr schnelle Schnitte.
S. I.: »Tod eines Revisors« war ein typisches Frankfurter Thema,
hier ging es um kriminelle Machenschaften in Banken.
»Patientenrache« greift das Thema Medizin, Krankenhäuser und
Versicherung auf. Spricht hier auch ein wenig der Journalist Olaf
Jahnke?
O. J: Der Verdacht liegt nahe. Gleichzeitig wollte ich ein Thema
aufgreifen, dass einerseits näher an den Menschen liegt und
andererseits so ziemlich jeden betreffen kann. Alle Menschen
sind Patienten, manche früher oder andere später. Oft sind es
nur Erkältungen oder Zahnschmerzen, häufig sind die Leiden
aber auch größer. Wenn ein vermeintlich kleines Problem sich zu
einem menschlichen Drama verwandelt, hört der Spaß auf.
Hier setzt der Roman ein. Allerdings sind nur die vordergründigen
Begebenheiten erfunden, die Schicksale, die sich anschließend
auftun, entstammen der Realität.
S. I.: Dein Protagonist, Roland Bernau, ehemaliger BKA-Ermittler
betriebt im Taunus in Kelkheim eine Detektei. Warum hast du dich
für den Detektiv entschieden, nicht für einen Kommissar?
O. J: Es gibt schon so schrecklich viele Kommissare… Große
Teams, kleine Teams, Sonderkommissionen, alles, was der Staat
zu bieten hat. Ein Grund dafür ist natürlich auch die Eröffnung
vieler Möglichkeiten für den Autoren, den Fall, die Geschichte aus
mehreren Blickwinkeln zu zeigen und zwischen diesen Szenen
mehr Cliffhanger einbauen zu können.
Aber ich wollte den Fall nur aus der Sicht eines einzigen Ermittlers
zeigen. Der Leser ist immer auf Augenhöhe mit dem Detektiv, er
kann nach meiner Meinung besser mitgehen.
Bei vielen Krimis wirft es mich regelmäßig aus der Kurve, was den
Lesespaß angeht, wenn der eine Kommissar gerade in einer
spannenden Situation agiert, die Szene stoppt, und auf der
nächsten Seite womöglich etwas aus dem Privatleben seiner
Kollegen aufgelistet wird. Das macht mir keinen Spaß. Ich schreibe
so, wie ich es selbst gerne lese.
Außerdem hält sich ein Privatermittler nicht immer so an die
Regeln, wie es eine Gruppe von Beamten macht, auch wenn diese
gelegentlich genauso Gesetze brechen. Der Detektiv ist freier in
seinem Handeln.
S. I.: Du suchst dir politische, gesellschaftsbrisante Themen,
spricht hier ein wenig der grüne Politiker? Ich meine das ganz im
Positiven.
O. J: Es spricht vielleicht der engagierte Bürger, der Themen, die
spannend, aber ins Abseits geraten sind, zu mehr Licht verhelfen
möchte. Missstände, die beim täglichen Lauf der Medien um Quote
ins Hintertreffen geraten.
S. I.: Dein neuer Roman beginnt in der Elbestraße im
Bahnhofsviertel. Ein Gemüsehändler beobachtet ein Verbrechen,
bei dem ein Gutachter verprügelt wird und später an den Folgen
seiner schweren Verletzungen stirbt. Bahnhofsviertel,
Moselstraße, Messeviertel, Bankenviertel, alles dicht
nebeneinander, eine wunderbare Kulisse für ein Buch. Was reizt
dich als Krimiautor besonders an Frankfurt?
O. J: Frankfurt, die kleinste Metropole der Welt, bietet eine
Mischung von vielen interessanten Dingen und Situationen.
Hochhäuser voller Geld, organisierte Kriminalität direkt auf der
anderen Straßenseite, wobei die Grenzen dazwischen, wie wir in
den letzten Jahren lernen durften, ab und zu sehr beweglich
sind.
Frankfurt ist schon sehr lange ein Hotspot von Geld und Gewalt,
trotzdem möchte ich hier nicht auf den Klischees herumreiten.
Gerade bei „Patientenrache“ stehen ganz andere Menschen auf
einmal im Vordergrund.
S. I.: Chirurgen bezeichnet man gern als Künstler der Ärztezunft.
Heißt das darum Kunstfehler anstatt versaute OP?
O. J: Dieser unschöne Begriff des Kunstfehlers wird offiziell zum
Glück nicht mehr gebraucht, es heißt nun Behandlungsfehler. Die
Gründe dafür sind natürlich vielfältig. Ärzte, die vollkommen
überlastet sind, was die Arbeitszeit und das Patientenaufkommen
angeht, zu große Routine bei doch nicht so gängigen Krankheiten,
falsche Diagnosen im Vorfeld.
S. I.: Ist das neue Patientenrecht ausreichend oder braucht es
wesentliche Nachbesserungen?
O. J: Das Recht hat die Regierung in den letzten Jahren
verbessert. Hier liegt nach meiner Meinung auch nicht unbedingt
das Problem. Ein betroffener Patient muss sein Recht auch
einfordern, er braucht juristische Unterstützung, die er sich
selbst holen muss, und, das ist nach meiner Erfahrung und
Recherche der Dreh- und Angelpunkt, der gerichtlich bestellte
Gutachter muss seine Sichtweise im Bezug auf den Fehler
unterstützen. Darauf basiert das Urteil des Richters. Die Opfer
brauchen sehr starke Nerven, wenn sie sich auf diesen Weg
begeben.
S. I.: Gibt es einen neuen Roman in Planung? Eine Weiterführung
von Roland Bernau oder etwas ganz anderes? Wann bekommen
wir einen Plot über die politische Szene vorgelegt? Korruption,
Vorteilsnahme, manipulierte Politiker, die es nicht mal merken, wie
sie von Lobbyisten hereingelegt werden, gibt es ein Thema, das
dir auf den Fingern brennt?
Es gibt momentan zwei Themen, die mir auf den Nägeln brennen.
Den Plot zum ersten Thema habe ich vor zwei Monaten
verworfen, einen anderen aufgebaut. Kaum hatte ich hier die
ersten Szenen in der Planung, fand ich den ersten Plot doch
wieder aktueller. Politik spielt im Weitesten bei beiden eine Rolle,
allerdings eher im Hintergrund. Die „Lage“ wird nun eventuell
deutlich größer als bei den Vorgängern. Mehr möchte ich diesmal
noch nicht verraten.
Bernau und die Menschen aus seinem Umfeld sind vielen Lesern
schon sehr uns Herz gewachsen, damit hatte ich am Anfang gar
nicht gerechnet. So etwas sollte man nicht oder nur sehr
vorsichtig enttäuschen.
S. I.: Wie haben deine Kollegen vom hr und deine Parteikollegen
reagiert, als sie erfuhren, der Herr Jahnke schreibt neuerdings
Krimis?
O. J: Die Kollegen im hr tendieren zwischen merkwürdigen
Blicken, Staunen und viel Lob. In der Partei findet man es richtig
gut, hat schon mehrere Lesungen organisiert, auch wenn die
Geschichten vielleicht nicht immer auf Linie liegen, Bernau
sowieso nicht ;-)
S. I.: Und wo finden wir die Termine zu deinen Lesungen?
O. J: Unter www.olafjahnke.de
S. I.: Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.
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