Autorin
Sabine Ibing
»Wenn Privatsphäre kriminalisiert wird, haben nur noch kriminelle
Privatsphäre.«
Interpol-Agent Kenneth Durand, Chef der Abteilung Gen-Polizei,
zerlegt im Jahr 2045 illegale Genlabore, macht Jagd auf Anbieter
der DNA-Manipulation. Er wohnt in Shanghai. Die Veränderung von
Genen ist nur zu medizinischen Zwecken erlaubt. Doch im
Untergrund tummeln sich, besonders im asiatischen Bereich, Firmen,
die Eltern anbieten, durch Genmanipulation besonders intelligente,
schöne, widerstandsfähige Kinder auf die Welt zu bringen. Nach
einer gelungenen Razzia fährt Durand nachhause, sein
selbstfahrendes Taxi schmeißt ihn kurz vor einer U-Bahnstation
raus, meldet, es sei defekt. Im Getümmel der Menschenmenge
verspürt er einen Schmerz im Oberarm, ihm wird heiß, dann
schwarz vor Augen. Durand wacht nach Wochen im Krankenhaus
auf. Er ist Interpol-Agent Kenneth Durand, doch sein Körper sieht
aus wie der eins anderen, ein Halbasiat, groß, mächtig, tätowiert:
Durand steckt im Körper des meist gesuchtesten Verbrechers der
Welt, er sieht aus wie Marcus Demang Wyckes, hat seine
Fingerabdrücke, seinen Augenscan, DNA-Abgleich. Niemand glaubt
ihm, Durand kann fliehen. Aber nicht nur Interpol ist ihm auf den
Fersen, sondern eine Organisation mit dem Namen Huli jing. Deren
Chef, ein gewisser Marcus Demang Wyckes, der eigentlich »sterben«
wollte, lediglich eine tote Hülle hinterlassen wollte. Der Cop aber hat
überlegt und trägt nun etwas in seiner DNA, das er nicht haben
sollte … Durand will seinen Körper zurück! Dazu muss er sich an die
Leute wenden, die er früher gejagt hat … Die Fachwelt staunt, wie
ist es möglich, einen Körper völlig umzumodellieren? Man ahnt ein
Geschäft und geht mit Durand auf die Suche.
»Was einst industriell gefertigt worden war, erzeugten jetzt
zunehmend maßgeschneiderte Organismen - Algen, Hefen,
Bakterien. Autokarosserien aus Chitin. Biokraftstoff aus
modifizierten Escherichia-Coli-Bakterien. Tierleidfreies Fleisch und
tierleidfreie Milchprodukte aus nachhaltiger Zellkultur-Produktion.
Biofabrikation statt maschineller Herstellung.«
Ein Pageturner im typischen Verlauf eines Verfolgungsthrillers,
soweit nichts Außergewöhnliches. Das Thema hat es in sich. Eingriffe
in genetische Codes sind längst Standard in dieser Dystopie,
allerdings nur kontrolliert, ethisch, medizinisch, erlaubt. Und weil es
so einfach ist, boomt natürlich der Schwarzmarkt: kleine
Veränderungen, anstatt Schönheits-OP’s, zeitbedingte Anomalitäten
als Geck, Lifestyle, Partydroge. CRISPR (Clustered Regularly
Interspaced Short Palindromic Repeats), eine Technik der Biomedizin,
die es schon heute erlaubt, defekte Gene aus einer DNA
herauszulösen, aber in dieser Welt ist man weiter. In einem Labor
trifft Durand auf veränderte Typen nach Maß, alle gleichen ein Ei
wie dem anderen: Bekannte Schauspieler, Politiker usw., man
möchte aussehen wie … Oder deinem Arbeitgeber passt deine
Fratze nicht, er hat genug Geld, dich nach seinem Geschmack nach
aussehen zu lassen.
»Denken Sie mal weiter. Lebende Menschen editieren zu können,
unterminiert die Grundfesten aller staatlichen Autorität - nämlich die
Möglichkeit, jeden Menschen eindeutig zu identifizieren. Wenn die
DNA lebender Menschen verändert werden kann, gibt es keine
Grundlage mehr, um jemanden zur Verantwortung zu ziehen.
Wofür auch immer.«
Viele Aspekte der Genveränderung werden angesprochen: Und
alles kostet viel, viel Geld, eine Technik, zu der nur die Privilegierten
Zugang haben. Was macht eine solche Veränderung mit der
Gesellschaft? Wie definiert man eine Person, wie identifiziert man
sie? Unser gesamtes Rechtssystem ist auf die Identifizierung des
Einzelnen angelegt. Wie definiert man ID? Wie kann die Ordnung
aufrechterhalten werden, wenn die Menschen nicht mehr zu
identifizieren sind?
Diese Welt ist total überwacht und es fällt Durand schwer,
Ländergrenzen zu überschreiten. Hier wird es oft humorvoll, wenn
Durand feststellt, mit welchen Mitteln man jede
(Überwachungs)Technik überrumpeln kann. Eine Welt der totalen
Observierung des Individuums, erwünscht von der Gesellschaft,
eine Katastrophe, für die Staatsoberhäupter, wenn die
Identifizierung nicht mehr funktionieren würde. Einer der
Weggefährten von Kenneth sagt, dass es ehrhaft sei, aber sinnlos,
wenn die Polizei Laboratorien ausräuchert, denn am nächsten Tag
würden zehn neue entstehen. Man könne das alles nicht aufhalten,
der Markt sei vorhanden, die Illegalität mache das Geschäft noch
lukrativer. Die Welt ist in Arm und Reich geteilt, Asien ist das Zentrum
der Macht, es herrscht Wasserknappheit auf der Welt. Flüchtlinge
sind unterwegs. Durand versucht, in einem gemieteten autonom
fahrenden Auto über eine Grenze zu kommen, wird von Flüchtlingen
angehalten, zahlt Wegzoll, durchgelassen zu werden und, sie
besetzen danach sein Auto mit einer Menge Leute. Das fährt nun
langsamer und verlangt unverzüglich Aufpreis für das aufgeladene
Gepäck, beschwert sich, überladen zu sein.
Nehmen wir die klischeehafte Heldenstory beiseite, so verbirgt sich
hinter dem Thriller eine Dystopie, die die Gehirnzellen anregt.
Spannung und Humor sind neben einem guten Thema in diesem
Pageturner garantiert. Wir müssen darüber reden, wohin wir uns
mit der Gentechnik katapultieren. Und ist sie überhaupt noch zu
verhindern?
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Ungekürztes Hörbuch, Spieldauer: 13
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