© Sabine Ibing, Lorib GmbH         Literaturblog Sabine Ibing
Autorin Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben Krimis / Thriller Rezension Brixton Hill von Zoë Beck Interview mit Zoë Beck Vor       dem       Hintergrund       der       Gentrifizierung       eines       alten Arbeiterstadtviertel   in   London   passiert   ein   Mord.   Die   Hauptperson, Emma,    die    33-jährige    Enkelin    der    Besitzerin    einer    Privatbank    in London,   eine   Eventmanagerin,   wird   verdächtigt,   ihre   Kollegin   aus dem   Fenster   gestossen   zu   haben.   Em,   die   erst   alles   locker   sieht, weil   man   niemanden   inhaftieren   kann,   der   unschuldig   ist,   braucht bald   Hilfe.   Auf   der   einen   Seite   gibt   es   ihren   Bruder,   Freunde   und auf   der   anderen   Seite   einen   Ex,   einen   Hacker,   der   sie   stalkt.   Sie verdächtigt letzteren die ganze Geschichte inziniert zu haben. Em    strauchelt    zwischen    den    Gesellschaftsschichten,    weiss    nicht ganz   genau   wohin   sie   gehört.   Sämtliche   Protagonisten   haben   ihre Eigenarten   und   Geheimnisse.   So   entsteht   bei   jedem   eine   gewisse Tiefe.   Geschickt   wird   der   Leser   an   der   Nase   herumgeführt,   nichts ist   so,   wie   es   scheint.   Dies   ist   kein   blutiger   Thriller,   sondern   eine langsam      heranwachsende      Geschichte,      gekonnt      verknüpft, spannend erzählt. Arme   Menschen,   Studenten   und   Künstler   sollen   aus   ihrem   Stadtteil vertrieben   werden,   werden,   Investoren   wittern   Profit   durch   reiche Leute,    bieten    Luxusimmobilien.    Mieterhöhungen,    Schikane,    der typische   Ablauf   der   Gentrifizierung   wird   angesprochen.      Internet, W-LAN,   Facebook,   Hacking,   die   Trauerfeier   zum   Tod   von   Magret Thatcher,   alles   ist   dabei,   sämtliche   Aspekte   der   heutigen   urbanen Bevölkerung,    in    diesem    Fall    London,    eine    Abrechnung    mit    der Gesellschaft.   Der   sorglose   Umgang   mit   elektronischen   Medien   wird anschaulich   dargestellt,   sowie   auch   die   Möglichkeit   von   Hackern, sich    damit    zu    bedienen.    Amüsant    sind    die    kleinen    politischen Seitenhiebe   auf   die   Gesellschaft.   Hier   wird   uns   ein   London   jenseits der Sehenswürdigkeiten gezeigt. Schwarzblende   von Zoë Beck Kameramann   Niall   sucht   für   einen   Dokumentarfilm   in   London   nach schönen   Panoramaecken.   Durch   Zufall   sieht   er   zwei   junge   Männer mit   einer   Machete   durch   den   Park   laufen,   denkt   an   ein   Spiel.   Doch plötzlich   steht   er   fassungslos   einem   Attentat   gegenüber,   zu   dem er    aufgefordert    wird,    es    zu    filmen:    Ein    junger    Engländer    wird geköpft,   einfach   so.   Wer   sind   diese   beiden   Männer   und   was   trieb sie zu der Tat? Der   Roman   liest   sich   wie   ein   Dokumentarfilm.   Die   Blende   auf   die Personen,   sachlich,   ohne   sich   auf   eine   Seite   zu   stellen,   leuchtet   Zoë Beck   ins   Umfeld   der   Attentäter   und   des   Opfers.   Das   Buch   ist   solide geschrieben,    befasst    sich    mit    einem    heiklen    Thema,    das    gut recherchiert   und   glaubhaft   dargestellt   wird.   Junge   Männer   aus bürgerlichem   Haus,   Studenten,   die   sich   dem   Terror   zuwenden,   ein Phänomen,   das   schwer   erklärbar   ist.   Gut   recherchiert   erfasst   die Autorin   in   kleinen   Nebengeschichten,   die   sich   aus   den   Interviews ergeben,   die   Familie   der   jungen   Männer,   die   Freunde,   die   Familie des   Opfers.   Niall   selbst   steht   am   Anfang   der   Geschichte   zunächst unter   Verdacht,   mitgewirkt   zu   haben,   erfährt   Polizeigewalt.   Seine Wohnung   wird   durchsucht,   sein   Bewegungsprofil   wird   erstellt,   die gesamte    Möglichkeit    der    Überwachungstechnik    herangezogen. Hier   zeigt   sich   die   Auswirkung   des   Überwachungsstaats,   die   Panik der Behörden, deren Brutalität. Später    erhält    Niall    den    Auftrag,    die    Hintergründe    der    Tat    zu recherchieren.   Es   gibt   keine   Antworten   auf   komplexe   Themen,   auf eine      vernetzte      Welt.      Angst      kann      geschürt      werden      aus Machtinteresse,    Medien    werden    manipuliert,    Menschen    werden manipuliert.   Schnörkellos,   aber   bei   der   Sache,   ein   aktuelles   Thema, interessant verpackt. Insgesamt   ein   gutes   Buch,   das   mir   an   manchen   Stellen   allerdings zu   klischeehaft   herüberkommt.   Der   Verflechtung   der   Familie   von Niall   in   die   Staatsmacht   war   mir   ein   wenig   zu   aufgesetzt.   Dafür hätte   es   ein   wenig   tiefer   in   die   Motivation   der   Attentäter   gehen können. Trotz aller Kritik, ein empfehlenswertes Buch.   Interview mit Zoë Beck zeitgenössische Romane Krims und Thriller Historische Romane Fantasy, Fantastic, SciFi, Utopien Dystopien Sachbücher (für jedermann) Kinder- und Jugendliteratur
Foto: Anette Göttlicher