Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Historische Romane
Rezension
Das Buch der Königin
von Sabine Weigand
Hörbuch, 16 Stunden, 48 Minuten gesprochen
von Birgitta Assheuer
Über Konstanze, Frau des deutschen Staufenkaisers Heinrich VI., weiss
man nicht viel. Insofern ist dieser Roman eine Fiktion. Warum sie so spät
verheiratet wurde, ist historisch nicht belegt. Auch nach der Heirat blieb
sie lange Zeit kinderlos. So ist es nicht erstaunlich, dass man munkelte,
ihre Schwangerschaft sei vorgetäuscht. Die Legende sagt, um die
Legitimität ihres Kindes sicherzustellen, habe Konstanze ihren Sohn
öffentlich, auf dem Marktplatz von Jesi, zur Welt gebracht und ihn
öffentlich gestillt. Heinrich, Sohn des Barbarossa spricht weder
italienisch, noch arabisch (dafür sehr gut Latein und Französisch) und
scheint Konstanze nur geehelicht zu haben, um gegen Tankret zu Lecce
seine Ansprüche auf Sizilien zu stellen. Tankret war ein Bastard und
Konstanze die legitime Erbin des Königreichs, die Blutlinie. Eine
Verschwörung der Deutschen Fürsten konnte Heinrich VI gerade noch
zerschlagen, indem er Heinrich den Löwen von England gegen eine hohe
Lösegeldzahlung und Frieden freiließ. Herzog Leopold von Österreich
hatte ihn gefangengenommen und an den Kaiser übergeben. Nun hatte
Heinrich VI. das Kapital, um einen Feldzug gegen Sizilien zu führen und
auf einen Kreuzzug zu gehen. Dafür wieder benötigte er den
sizilianischen Staatsschatz. Auch schwelte ein Machtkonflikt mit dem
Papst, der gern Sizilien vom Kaiser trennen wollte damit Heinrich nicht zu
mächtig wurde und weil er obendrein plante, Deutschland zur
Erbmonarchie umzuwandeln. Der Staufenkaiser starb unerwartet mit 32
Jahren, wohl an Malaria und Dysenterie, während seiner Vorbereitung
zum Kreuzzug. All diese historischen Fakten sind eingebunden in die
fiktive Geschichte.
Sabine Weigand schafft es, eine spannende Geschichte um die
Persönlichkeit von Konstanze zu spinnen. Das Königreich Sizilien des 12.
Jahrhunderts, eine Gemeinschaft vieler Religionen und Kulturen,
maurisch geprägt, eine wichtige Bastion des deutschen Kaisers. Er
braucht Konstanze als Königin von Sizilien, da die Fürsten hinter ihrem
Königshaus stehen. Heinrich gibt nicht gern Macht ab. So ist es auch für
Konstanze nicht einfach, ihre Königskrone zu erlangen, denn ihr Ziel ist
es, Königin von Sizilien zu werden. Barbarossa wird in diesem Roman als
weitsichtiger, dem Volk zugeneigter Herrscher beschrieben, sein Sohn
Heinrich als despotisch und auf sich selbst fixiert. Neben klugen
Schachzügen zeigt sich immer sein grausames Handeln, seine Lust an
Gewalt. Und in diesen Situationen wirkt er verabscheuungswürdig, was
ihm auch immer mehr Feinde macht. Diplomatie gehört nicht zu seinen
Stärken. Die arrangierte Ehe ist nicht sehr glücklich, aber man behandelt
sich mit Respekt, so wie es wohl oft in dieser Zeit üblich war. Man sagt in
der Historie, Konstanze habe einen Aufstand der Sizilianer gegen
Heinrich angeführt. Hier ist es als Intrige dargestellt. Immerhin hat sie
von Heinrich die Königskrone hernach erhalten, das hört sich nicht nach
Aufruhr an. Die Begründung ist hier daher nachvollziehbar. Um Sizilien zu
halten, musste Heinrich nachgeben. Er wird von Historikern als sehr klug
und gebildet. Er wird als schöngeistig beschrieben, der Literatur und
Musik angetan und soll Gedichte geschrieben haben, Alkohol und Völlerei
habe er abgelehnt. Aber es wird auch beschrieben, wie er seine Ziele oft
rücksichtslos durchsetzte, gewalttätig, grausam, unritterlich und
nachtragend war. Insofern passt die Beschreibung seines Charakters
recht gut in diesem Roman. Die grausame Hinrichtung der
aufständischen Fürsten von Sizilien ist historisch belegt und von Sabine
Weigand sehr plakativ beschrieben.
Parallel wird die Geschichte von Gottfried von Streitberg erzählt, einer
fiktiven Figur, der Schreiber des Kaisers und der Königin, der die
Geschichte von Heinrich niederschreiben und sie mit kunstvollen Bildern
verzieren soll. Hier erfährt man viel über Schriften, die Herstellung von
Tinte und Farben, und Papier. Die Autorin hat hier intensiv recherchiert
und das Ganze kunstvoll in die Geschichte eingewoben, Stück für Stück.
Wir lernen zusammen mit Gottfried die Geheimnisse von Farben und
Tinten. Es ist interessant, die Details über die Schreiber zu erfahren und
nie hat man das Gefühl, in irgendwelche Sachbuchbeschreibungen
abzudriften. Sabine Weigand schreibt bildhaft und detailliert in teilweise
poetischer Sprache. Bilder und Gerüche entstehen im Kopf und auch die
Wortwahl versetzt ins Flair des Mittelalters. Trotz der Länge bleibt die
Geschichte durchgehend spannend. Die Charaktere sind liebevoll
gezeichnet. Auf der einen Seite steht der auktoriale Erzählstil in der
Geschichte und auf der anderen Seite erzählt Konstanze sozusagen im
Tagebuchstil, eine intelligente Konstruktion. Gottfried von Streitberg löst
ganz am Ende, wie ein Mitarbeiter der Kriminaltechnik, einen Fall des
Mittelalters. Touché! Ein historischer Roman, der sich an Fakten lehnt und
auf der anderen Seite eine Person beleuchtet, von der historisch nicht so
viel bekannt ist und fiktiv die Sicht betrachtet wird. Spannend, lehrreich,
ein Buch das berührt und unterhält. Was will man mehr?
Die Seelen im Feuer
von Sabine Weigand
Hörbuch, 7 Std, 51 Min,
gelesen von Birgitta Assheuer
Ich hatte vor kurzem ein historisches Buch der Autorin gelesen, dass mir
gut gefallen hat und habe mir deshalb ein älteres Werk zugelegt. Eine
gute Wahl. Historische Romane liegen mir nicht immer, weil sie sie sich zu
oft in der Erzählung verrennen, anstatt sich auf Historisches zu
beziehen. Sabine Weigand hat wieder hervorragend recherchiert. Dieses
Mal geht es um die Hexenverfolgung in Bamberg, Deutschland, im Jahre
des Herrn 1626. Auf der einen Seite finden wir Aberglauben und auf der
anderen Seite knallharte Machtbesessenheit und Gier.
Die Autorin beschreibt die Verhöre im Malefitzhaus zu Bamberg und die
angewandten Foltermethoden anschaulich. Dazu hat sie zu einem guten
Kniff gegriffen, denn der Verlobte der Hauptprotagonistin Johanna ist
Schreiber im Malefitzhaus. Durch alte Protokolle und Chroniken konnte
Sabine Weigand sich sehr genau in das Geschehen von damals einlassen
und der Leser erfährt hier detailliert, was den Angeklagten angetan
wurde. Besonders perfide ist in diesem Zusammenhang die Härte in
Bamberg, da hier grausamer gefoltert wurde, als von der Obrigkeit
erlaubt, um sich Hab und Gut von höher gestellten Bürgern anzueignen.
Totgeburten, Missernten, Schneefall im Juni, die katholische Kirche
verliert an Macht durch die Reformation. Bürgermeister und Räte haben
immer mehr zu sagen, lassen sich von der Kirche nicht mehr viel
vorschreiben. Wer jemanden loswerden oder ihm schaden wollte,
bezichtigte ihn als Magier oder Drud. Der Fürstbischof von Bamberg
macht sich das zu eigen. Seine Macht schwand, seine Kassen waren leer.
Die Druden müssen brennen! Viele Bürgermeister und deren
Familienmitglieder wurden der Hexerei beschuldigt, auffallend viele
Gutbetuchte landeten auf dem Scheiterhaufen. War eine Familie
ausgelöscht, so fiel deren Hab und Gut an die Kirche. Je mehr Angst
herrschte, um so mehr Macht hatte die Kirche, niemand wagte es,
aufzubegehren.
Durch den Roman führt die Apothekertochter Johanna, die anfangs mit
dem Stadtschreiber verlobt ist. Der Arzt Cornelius kann sie vor der Folter
retten, da der Fürstbischof ihm einen Gefallen schuldet. Doch sie ist noch
lange nicht in Sicherheit. Johanna und Cornelius führen durch die
Geschichte von Bamberg, die historisch gut recherchiert wiedergegeben
wird. Immer mehr Menschen fallen dem Scheiterhaufen zum Opfer und
die Obrigen der Stadt zittern, wer der Nächste sein wird. Die halbe Stadt
ist ausgelöscht, der Widerstand wächst. Kaiser und Papst werden
heimlich kontaktiert. Auch hier versteht es Sabine Wiegand vorzüglich,
rechtliche Seiten und Befindlichkeiten darzustellen. Wer entscheidet was
und wer ist wofür zuständig, wem sind die Hände gebunden. Wer darf
sich einmischen, ohne sich die Finger zu verbrennen. Macht und Intrigen,
Verleumdungen, der einfache Bürger ist dem Spiel hilflos ausgesetzt.
Für mich ist dies einer der besten historischen Romane zum Thema
Hexenverfolgung in Deutschland. Hier wird kein Einzelfall aufgerollt,
sondern der einer ganzen Stadt, bzw. die Geschichte beleuchtet
weitgehende Hintergründe. Aberglaube beim schlichten Volk ist nur der
Beginn einer Verfolgung, der von der Kirchenobrigkeit benutzt wird, um
Ränkespielchen auf die Spitze zu treiben. Aber es ist nicht nur die
Obrigkeit. Brennen kann jeder. Rache und Gier, spielt eine große Rolle.
Nur sollte man aufpassen, man selbst könnte als Nächster bezichtigt
werden.
Schnörkellos und spannend berichtet die Autorin von den Begebenheiten
in Bamberg, bindet Protokolle und Chroniken mit Feingefühl ein. Wer
etwas über dieses gruslige Kapitel der deutschen Geschichte wissen
möchte, ist hier gut bedient.
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