Autorin
Sabine Ibing
»I muri, Couto, sie ist tot, er wiederholte I muri, als fürchte er, die beiden
Worte hätten beim ersten Mal nicht ausgereicht, als hätte er selbst das
Bedürfnis, sie noch einmal zu sagen.«
Dulce ist tot, die bezaubernde Sängerin, die große Liebe von Couto. Und
so begibt sich Couto in seinen Erinnerungen zurück an den Tag, an dem
er Dulce begegnete, sie in seine Band »Super Mama Djombo« aufnahm, an
die Zeit ihrer legendären Konzerte, als sie durch ganze Welt zogen, an
seine unvergleichliche Liebe zu Dulce. Die Band ist längst aufgelöst, Couto
den man früher, »dutur di biola, Doktor der Gitarre nannte«, ist nun
unterwegs in Bissau, um die anderen Bandmitglieder vom Tod Dulces zu
informieren. Die Menschen stehen unter Hochspannung, man flüstert, der
Putsch der Generäle steht bevor, die Panzer rollen durch die Stadt. Doch
die Band wird spielen, noch einmal zusammenkommen an diesem Abend,
das Konzert in der Chiringuitó wird stattfinden. General Osvaldo Chico
Gomes, Führer des antikolonialen Widerstands gegen die Portugiesen,
plant den Putsch. Dulce hat zu diesem Zeitpunkt Cuoto und die Band
bereits vor langer Zeit verlassen, für ihn, den mächtigen General.
»Verdammt, ja, das war er gewesen: der Mann der Kantadura. Dulces
Geliebter. Der Auserwählte der Frau, die ein ganzes Volk noch heute beim
Vornamen nannte, wie eine Freundin, eine Schwester. Cuoto le Dun di
Dulce.«
Dulce musste sich damals entscheiden. Ein freies Leben als Sängerin mit
einer ungewissen Zukunft bei dem Geliebten Cuoto zu verbringen oder
den mächtigen Mann heiraten, den sie nicht liebte, für eine sichere
Zukunft. Die Band spielte weiter ohne Dulce, der Erfolg blieb ohne sie
irgendwann aus.
Sylvain Prudhomme spielt hier mit Fiktion und Wahrheit. Die legendäre
Band »Super Mama Djombo« gab es, aber die Handlung ist fiktiv. Couto
gibt es nicht und die echte Dulce erfreut sich ihres Lebens, »hat nie einen
General geheiratet, schon gar keinen Generalstabschef der Putschisten.«
(Nachwort). Der Putsch bezieht sich auf den Staatsstreich vom 12.04.2012 in
Guiena-Bissau.
Auch der Humor kommt in diesem Roman nicht zu kurz. Nunu entscheidet
sich, Taxifahrer zu werden, um zu Geld zu verdienen. Mit irgendeinem
Wagen muss man anfangen und natürlich ist es ein Mercedez, na ja, die
Reifen sind sehr abgefahren und er hat schon einige Jahre auf dem
Buckel.
»Verdammt, das ist kein Auto, was du da gefunden hast, das ist ein
Hühnerstall. Nunu versuchte den Vordersitz abzustauben, um ihn zu
beruhigen. Der Besitzer hatte ihn im Hof stehen lassen, die Hühner brüten
darin.«
Sylvain Prudhomme beschreibt die Schönheit und die Eleganz der Männer
und Frauen, ihren Duft, Beine, Hintern und lässt Cuoto fragen: »Warum
zählen die Wirtschaftswissenschaftler der ganzen Welt das nicht zu ihren
verdammten Wohlstandsindikatoren.« Er beschreibt die Misere durch die
Kolonialherrschaft, die Liebe der Kreolen zu ihrem Land, zur Musik. Mit
poetischer Kraft, und politischem Witz beschreibt er ein stolzes Volk,
voller Lebenslust.
»Der Mensch frisst das Schwein, das Schwein frisst den Menschen. Der
Mensch frisst den Hund, der Hund frisst den Menschen. Aber in diesem
Reigen der Fressenden und der Gefressenen, ne onda di kume-kume, gibt
es einen, den niemand frisst, der seelenruhig auf seinem Kapokbaum sitzt
und darauf wartet, die Reste zu fressen ... es ist der Aasgeier.«
Musik ist das Herzstück der Geschichte. Menschen, die das Leben lieben,
Feste feiern, denn irgendwie geht es immer weiter. Getränke stehen
bereit in der Chiringuitó, das Fleisch ist eingelegt. Der Bongospieler wird
wieder Blut pinkeln, wenn ihm die feinen Äderchen unter der Haut platzen.
Ein Fest für Dulce und die Leser!
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Rezension
Ein Lied für Dulce
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