Autorin
Sabine Ibing
»Grace taugte als Name so gut wie jeder andere, und an diesem
Morgen war Grace in Hobart, schlenderte durch eine wohlhabende
Ecke von Sandy Bay und besah sich die abgelegenen Anwesen.«
Grace ist eine Berufseinbrecherin. Wie auch immer sie heißt. Zurzeit
nennt sie sich Grace, eine Frau mit vielen Pässen. Sie arbeitet sehr
genau, beobachtet, googelt, überprüft, der kleinste Verdacht,
jemand könnte sie beobachten, jemand könnte zu Hause sein, lässt
sie abbrechen. Sie arbeitet allein, pfuscht nicht und die Spuren, die
sie hinterlässt, sind gewollt, Männerschuhe, Größe 46. Sie arbeitet im
ganzen Land, wechselt ständig die Leihwagen, hat verschiedene
Gelddepots und immer einen Plan B in der Tasche. Ihr Zuhause ist in
Peninsula. Beschmutze nie deine Heimat, Peninsula ist tabu!
»Es ist zehn Uhr nachts, Sie sind verletzt, haben Angst, rennen um
ihr Leben, sind zu arm für ein Handy, es gibt kein öffentliches
Telefon mehr, vor den Türen des dunklen Polizeireviers gibt es
einen Knopf, und wenn man draufdrückt, läuft ein Band ab, Sie
möchten doch bitte den Notruf wählen.«
Australien, Waterloo, eine Kleinstadt auf Mornington-Peninsula,
unweit von Melbournes, die Polizei ist einem Serien-Vergewaltiger
auf der Spur. Ist der Mann ein Polizist? Chief Hal Challis ermittelt
nach allen Seiten und als wenn er nicht genug Ärger hätte, lässt er
sich von einem Journalisten dazu hinreißen, über die schlechten
Arbeitsbedingungen bei der Polizei zu wettern. Es geht eine
Warnung über einen Bankräuber ein, der eine Bank nach der
anderen überfällt, er ist in Richtung Peninsula unterwegs. Er und
sein Team haben alle Hände voll zu tun.
Ein Mann namens Galt ist Grace auf der Spur, behauptet, er wäre
Polizist, zeigt überall seine Marke, wo er Grace vermutet.
»›Die Leichenstarre setzt als Erstes in Gesicht und Unterkiefer ein‹,
sagte sie, als würde sie zu Studenten sprechen oder laut denken,
›gefolgt von den oberen Gliedmaßen, dann Hüfte und Beine. Sie sah
zu den Gestalten hoch, die sie beobachteten.«
Zwei Geschichten, parallel erzählt, die aufeinander zuwandern.
Garry Disher ist ein großartiger Erzähler, ein feiner Beobachter.
Seine Charaktere handeln immer von Menschen wie du und ich,
keine Superhelden. Auch hier hat er wieder feinpointierte
Charaktere entworfen, jeder ist ein Unikum. Disher braucht keine
Klischees. Es gibt in diesem Krimi keine Hauptperson. Challis hat ein
Team mit unterschiedlichen Typen, z. B. Constable Pam Murphy, die
ihren Platz im Leben sucht und Scobie Sutton, der seinen Platz in der
Familie gefunden hat, sein Job ihn dabei stört, ein Büroarbeiter, der
Menschen nicht lesen kann. Spannend geschrieben, im ständigen
Perspektivwechsel zwischen den Personen, atmosphärische Dichte,
glaubhafte Charaktere, fein gezeichnet, das alles macht diesen
Roman zu einem des besten Krimis, die ich in diesem Jahr gelesen
habe.
Garry Disher lebt südlich von Melbourne und wurde mit dem
australischen Krimipreis, dem Ned Kelly Award, und dreimal mit dem
Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet.
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