Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Krimis / Thriller
Rezension
Ricky Meinfeldt: Einsamer Wahn
von Julia Meyer
Ricky Meinfeldt wächst in einer Familie auf, deren Leben vom Trinken
des Vaters bestimmt ist, von seiner Gewalt. Eines Tages schlägt er mal
wieder die Mutter bewusstlos, schlägt Ricky und steckt in seinem
Dämmerzustand aus Versehen die kleine Schwester an, die verstirbt.
Die Mutter in der Psychiatrie und der Vater im Knast, schlimmer kann
es nicht werden.
Ein reiches Bankerehepaar nimmt Ricky auf und er lernt die Luxusseite
des Lebens kennen. Auch das nützt ihm nichts. Denn er wird weiterhin
in der Schule gequält, früher weil er arm war und immer die gleichen
Sachen trug, nun weil er reich ist und die Mitschüler neidisch sind. Ricky
sehnt sich nach Liebe. Die einzigen Menschen die ihn zu mögen
scheinen sind seine Adoptiveltern, die versterben, als Ricky gerade
sein Studium beendet hat. Nun ist er ganz allein. Auf der Suche nach
Geborgenheit und Liebe trifft Ricky immer wieder auf Ablehnung. Oft
ist er selbst schuld, weil ihn seine Sehnsucht zum Klammern bringt.
Immer weiter vereinsamt der junge Mann und seine Persönlichkeit
fängt an zu mutieren. Psychotisch beginnt seine Laufbahn als
Mörder…
Der Roman ist aus zwei Sichten geschildert, beide aus Rickys Blick. Im
Kursivformat berichtet der erwachsene Mann aus dem Jetzt
rückblickend und in Normalschrift schildert Ricky tagebuchartig sein
Leben. Ein interessanter Zug, das Geschehen zu interpretieren. Die
Sprache ist protokollarisch, distanziert. Genau aus diesem Grund
empfindet man mit Ricky, möchte ihm zurufen: „Wehr dich doch!“
Irgendwann kommt man zu dem Punkt, an dem man ahnt, dass für
Ricky bald alles aus dem Ruder läuft.
Mir hat die Geschichte gut gefallen, da Julia Meyer sehr eindrücklich
schreibt, es läuft einem manchmal ein kalter Schauer über den
Rücken. Die Story ist psychologisch gut aufgebaut, wie ein Mensch sich
schleichend in die Einsamkeit katapultiert, gleichzeitig aber nach
Gesellschaft und Anerkennung sehnend, jede Brücke wieder
zerschlägt. Ricky ist reich, sein Geld interessiert ihn aber nicht. Er lebt
eher bescheiden, gibt Geld nur aus Langerweile aus oder kauft teure
Autos, um die Sammlung zu vervollständigen, die er von seinem
Ziehvater geerbt hat. Es wird deutlich, wie wichtig für den Menschen
soziale Bindung ist, wie unwichtig letztendlich Reichtum.
Ricky wird im letzten Drittel zum Mörder. Ab hier werden Stück für Stück
seine Gräueltaten geschildert. Für mich riss hier der Bezug zum Buch
etwas ab. Sprachlich ist nichts einzuwenden, auch nichts vom
Handlungsablauf. Ich persönlich lese nicht gern von einem Schlitz zum
nächsten über abgetrennte Köpfe zu fliessendem Blut. Wer das
allerdings mag, ist hier bestens aufgehoben.
Insgesamt ist dies für mich ein aussergewöhnliches Buch mit hoher
Empathie, das den Leser nachdenklich zurücklässt.
zeitgenössische Romane
Krims und Thriller
Historische Romane
Fantasy, Fantastic, SciFi, Utopien Dystopien
Sachbücher (für jedermann)
Kinder- und Jugendliteratur