Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Krimis / Thriller
Rezension
Teufelsgrinsen
von Annelie Wendeberg
„In einer Zeit, in der nur Männer an Universitäten zugelassen sind,
schneidet sich Anna Kronberg die Haare ab, zieht Hosen an und
studiert Medizin. Als angesehener Arzt Dr. Anton Kronberg gerät sie
in das Zentrum einer monströsen Verschwörung …“ (Anfang
Klappentext)
Wir befinden uns im 19. Jahrhundert des viktorianischen Englands in
London. Eine Leiche wird aus der Themse gefischt, anscheinend mit
Cholera infiziert, daher wird Dr. Anton Kronberg als Bakteriologe von
Scotland Yard hinzugezogen und trifft hier zum ersten Mal auf den
berühmten Sherlock Holmes. Der tote Mann verendete an einer
Tetanusinfektion, mit Befund, Infektion des Herzens, was
normalerweise nicht sein kann. Kurz danach findet man einen
zweiten Toten, mit einer ähnlichen Infektion. Fesselspuren an Füssen
und Händen bei beiden Opfern lassen Anna und Holmes zu einem
schrecklichen Verdacht kommen.
Sherlock Holmes feine Spürnase identifiziert Anton schnell zu Anna
Kronberg. Doch sie beeindruckt ihn mit ihren scharfen Analysen, die
sich nicht nur auf den Fall beziehen. Anna versteht es Sherlock
Holmes bloßzustellen, in seine Gedanken einzudringen und ihm
analytisch einen Spiegel vorzuhalten. Dr. Watson taucht nur kurz auf.
Es wird aus Annas Sicht berichtet, der Part, der bei Sir Arthur Conan
Doyles Dr. Watson zusteht. Ich fand es amüsant, dass im Prinzip hier
Anna die Rolle von Watson übernimmt, aber deutlich auf Augenhöhe
und mit weiblicher Note. Anna und Holmes liefen sich manches
Streitgespräch, wobei sie sich gegenseitig in nichts nachstehen. Beide
sind distanziert, lassen keinen anderen Menschen zu sich
vordringen. Aber genau das macht ihre Beziehung zueinander zum
Problem. Wie in Degenkampf: zustechen und gleichzeitig verteidigen,
die Haut bekommt Risse.
Die Beschreibung der Zustände des viktorianischen Londons ist
eindringlich. Es ist ein Bild von Armut, Unterernährung, Krankheit,
Schmutz, in dem Kinder kaum eine Chance zu überleben bleibt.
Cholera und Tetanus lassen die Menschen sterben, Unkenntnis von
Hygiene tut ihr weiteres dazu. Anna sagt, Morde sind statistisch
gesehen das geringste Übel der Stadt.
Die Autorin, Umweltmikrobiologin von Beruf, zeigt einen
interessanten Einblick in die Erforschung von Infektionskrankheiten
und damaliger medizinischer Forschung. Anna Kronberg ist die
Hauptfigur. Anton Kronberg füllt als Arzt den Hauptteil in Anna Leben
aus. Nur nachts erwacht Anna Kronberg, eine Frau im Kleid mit ganz
normalen Sehnsüchten. Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Eine
spannende, intelligente Story mit einem Schlag Geschichte und
Medizingeschichte.
Eine Anmerkung, der Schluss war mir zu abrupt, als wäre der Termin
zur Abgabe des Manuskripts überschritten. Ein paar Erklärungen
haben mir hier gefehlt. Der eine Satz war nicht genug. Trotzdem, ich
möchte mehr davon. Eine gute Nachricht: Der zweite Teil “The Fall” ist
bereits auf Englisch erschienen. Zugreifen und lesen, bzw. warten,
bis die Übersetzung vorliegt. Absolute Empfehlung!
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