Autorin
Sabine Ibing
»Selmas Traum aber schuf Tatsachen. War ihr im Traum ein Okapi
erschienen, erschien im Leben der Tod; und alle taten, als würde er
wirklich erst jetzt erscheinen, als käme er überraschend angeschlackert,
als sei er nicht schon von Anfang an mit von der Partie, immer in der
erweiterten Nähe, wie eine Tauftante, die das Leben lang kleine und
große Aufmerksamkeiten vorbeischickt.«
Mariana Leky erzählt uns die Geschichte einer Familie aus dem
Westerwald, sie leben dörflich. Eigentlich eine ganz normale Familie …
Aber wie sie uns diese Geschichte erzählt, das ist ausgesprochen gut.
Die Icherzählerin ist Luise, ihr Vater ist Arzt, die Mutter hat einen
Blumenladen, und sie befinden sich in einer Ehekrise. Und da ist Selma,
die Großmutter, Witwe. Wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt jemand.
Und sie hat von einem Okapi geträumt… Das ganze Dorf schleicht
herum: ICH nicht, nein, es wird ein anderer sein … Luises Freund Martin
will später einmal Gewichtheber werden, über an Luise, Selmas
Schwägerin Elsbeth verkauft Kräuter gegen alles, nur gegen den Tod hat
sie nichts. Marlies ist abwechselnd mürrisch und traurig, niemand kann
ihr irgendetwas recht machen, Jäger Palm ist ein Wüterich, ein
Alkoholiker. Der Analytiker knarzt mit Vorschlägen und Lederjacke.
»Frederik ereilte mich nicht wie ein Gerichtsvollzieher oder ein
Herzinfarkt, und auch die Verstockung war weisungsgemäß
ausgeblieben. Hier ist es, dachte ich, das hoch gehandelte Hier und Jetzt,
von dem der Optiker immer spricht. Hier war ich, mitten im Hier und Jetzt
statt wie sonst im Wenn und Aber, und ich nahm Frederiks Hand, und
dann krachte es sehr laut, und ich war sicher, dass das ein Band war, ein
Band, das von meinem Herzen sprang, aber es war der Hubkolben. «
Luise ist zu Beginn der Geschichte 10 Jahre alt, am Ende Mitte 30, sie wird
den Beruf der Buchhändlerin lernen. Ein wichtiger Mann ist der
Apotheker, der Selma liebt, sich aber nicht traut, ihr seine Liebe zu
gestehen. Liebe, Tod, Groll, Zusammenhalt, alles was das Leben zu
bieten hat, findet in diesem Mikrokosmus statt. Teils skurril, mit sehr viel
Humor beobachtet Luise ihre Welt bis ins Detail.
Kleine Geschichten aus dem Leben, in filigraner Sprache, mit einem
feinen Gespür für Menschen und Begebenheiten, exzellente Stilistik,
treffende Metaphern, machen diesen Roman sprachlich sehr
liebenswert. Ich würde sogar so weit gehen, Mariana Leky zur
Methaphernkönigin des Jahres küren. Hier beherrscht jemand die
Erzählkunst, mit viel Charme und Beobachtungsgabe bringt die Autorin
banale Dinge zum Leuchten. Offene und versteckte Metaphern, wie die
ungesagte Liebe des Optikers und ein riesengroßer Hund, namens
Alaska, der unsterblich scheint, fügen sich ein. Wer sich an
Formulierungen erfreuen kann, an schöner Sprache, ist mir diesem Buch
bestens bedient.
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Rezension
Was man von hier aus sehen
kann
von Mariana Leky