Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Krimis / Thriller
Rezension
Ein paar Tage Licht
von Oliver Bottini
Hörbuch, 12 Stunden, 46 Minuten gesprochen
von Frank Arnold
In Algerien wird Peter Richter entführt, ein Mitarbeiter einer
deutschen Rüstungsfirma. Laut der Algerischen Regierung steckt die
Al Qaida-Maghreb dahinter. Ralf Eley, BKA-Mann, arbeitet in der
algerischen Botschaft. Er will wissen, was passiert ist, ermittelt auf
eigene Faust. Je tiefer er in die Hintergründe eindringt, umso
verzwickter wird es. Eley muss seine Liebesbeziehung mit Amel
Samraoui geheim halten, da sie ihrer Karriere als
Untersuchungsrichterin im Wege stehen würde. Die beiden treffen
sich, indem sie sich verkleiden, wenn sie sich besuchen. Sie kann ihm
in diesem Fall ein paar Informationen zuschanzen. In Berlin tritt man
derweil sehr leise. Man möchte keine schlafenden Hunde wecken, um
die Rüstungsindustrie in den Dreck zu ziehen, die munter Waffen für
alle Kriege aus Deutschland liefert. Hier wird intern gedroht und
erpresst, Pfründe müssen gesichert werden, ein Einblick in die
Waffenindustrie deckt Zusammenhänge auf. Die Ex-Botschafterin
Katharina Prinz sitzt zwischen den Stühlen: Die Wahrheit berichten
und beruflich abstürzen oder den Mund halten.
Die Spuren führen allerdings nicht zur IS, sondern nach Deutschland
in die Rüstungsindustrie. Eley wird klar, er muss den Entführten
befreien, um die Hintergründe aufzudecken, lebend wird er sein
Gefängnis nicht verlassen dürfen.
Parallel wird von Youcef Benmedi berichtet, einem ehemaligen
Freiheitskämpfer aus Algerien, der in Brandenburg lebt. Er erwartet
seinen Enkel Djemal, der aus Algerien zu Besuch kommt.
Bottini legt die Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft offen, die
Heuchelei der Waffen-Mafia, nur an sichere Länder zu liefern.
Gerade in diesem Jahr wurde durch die BRD ein ziemlich dickes
Waffengeschäft mit Algerien abgeschlossen. Die Geschichte
Algeriens, die besondere Beziehung zu Europa und die Infiltrierung
muslimischer Extremisten in Algerien werden glaubhaft und kritisch
dargestellt. Eine spannende Story wird mit Fakten gefüllt. Ein Land
mit einer prallen Geschichte, jahrelanger Militärdiktatur, in dem sich
die Geheimdienste tummeln. Bottini schlägt sich nie auf eine Seite. Er
beobachtet und lässt seine Figuren agieren, selbst distanziert. Für
Polit-Thriller-Fans ist dieses Buch eine eindeutige Empfehlung.
Im weissen Kreis
von Oliver Bottini
Ich mag Oliver Bottinis Bücher, aber dies war das erste Buch für mich
aus der Louis-Reihe. Ich habe es vom Verlag für die Leserunde
erhalten, vielen Dank.
Das Thema Rechtsextremismus in Deutschland ist gut recherchiert,
Verbindungen in die Polizei, zum Verfassungsschutz liegen sicher
nicht fern. Ich finde es gut, dass hier nicht die ewigen Glatzen
angesprochen werden, sondern auch weitgehend unbekannte
Gruppen wie der „Ku-Klux-Klan“, den es wirklich gibt und die Gefahr,
die von dieser politischen Gruppe aufgezeigt wird. Das Buch ist auf
jeden Fall zu empfehlen. Die Brisanz ist mehr als aktuell.
Hauptkommissarin Louise Bonì erhält von einem ehemaligen Kollegen,
der nun als Undercover arbeitet, den Tipp, es seien zwei Waffen
gekauft worden, um ein Attentat der rechten Szene in Freiburg
auszuüben. Als Ziel könnte der Ruander Ludwig Kabangu ausgewählt
sein, der aus einem Museum die Gebeine des Grossvaters anfordert,
um sie zu Hause zu beerdigen. Angeblich hätte man vor langen
Jahren zu Rassenforschungszwecken die Knochen in Afrika
ausgegraben, nach Deutschland an die Universität gebracht. Eine
andere Vermutung, da man sich zeitlich im Fussballmärchen 2006
befindet, könnte ein Anschlag im Fussballbereich geplant sein. Das
Buch beginnt mit Louise, wie sie allein in der Nacht den Geburtstag
ihres alten Chefs Bermann feiert, der verstorben ist. Die Kollegen
feiern das Ereignis gemeinsam in einer Kneipe. Die Einsamkeit, die
Nacht und Bermann durchziehen das Buch. Bonì im Alleingang, auch
nachts, am Wochenende, kaum schlafend, immer in der Ermittlung.
Bonì, die trockene Alkoholikerin, ein Wrack, psychisch isoliert, die mit
Bermann redet und immer wieder Bermann. Genau das hat mich
genervt. Mit Bonì konnte ich mich nicht anfreunden, sie war mir
unsympathisch und gehört in eine Therapie. Ihre Polizeizugehörigkeit
empfinde ich persönlich als unglaubwürdig. Zugang zur Person
Louise bekommt der Leser übrigens nicht.
Der verdichtete Schreibstil gefällt mir wie immer gut, die
Komprimierung der Story führt allerdings dazu, aufmerksam zu
lesen, um sich nicht in den vielen Personen zu verwirren, nicht den
Faden zu verlieren. Aber es hat auch Nachteile. Jetzt kommt mein
erstes Aber an dem Buch: Keinen einzigen Handelnden könnte ich
beschreiben, keinem bin ich nah gekommen. Keine Ahnung wer sie
sind, sie alle könnten 20 oder 60 sein, dick oder dünn. Walczak ist
muskulös, dreckig und stinkt, ist aber anziehend männlich, immerhin
etwas, auch wenn es nicht viel ist. Was ist mit Enders, dem Chef der
Truppe? Eine blasse Person aus dem Off, der mal auftaucht,
abtaucht. Auch die anderen Kollegen, wie hießen sie noch? Selbst
daran kann ich mich nicht erinnern, ebenso fehlen mir Namen und
Vorstellungen zu den Bösen.
Bonì selbst? Ich konnte sie nicht fassen, sie ist mir schier
unsympathisch. Psychisch völlig kaputt, sozial isoliert, redet sie mit
Toten. Ihr Exchef ist so was wie ein Gott, warum auch immer. Sie
schläft kaum, ermittelt vor lauter Langeweile selbst in ihrer Freizeit.
Zu Teamarbeit ist sie unfähig, rennt meist allein herum und begibt
sich bewusst ständig in Gefahr. Sie verletzt eine Dienstvorschrift
nach der anderen, aber ihr passiert nichts. Sie ist Bonì, die darf das.
Bonì kennt keinen Schlaf, keine Menschen, keine Freizeit, sie kennt
nur ihren Job.
Und nun das zweite Aber: Rechte Szene, Verwicklung bis nach oben,
alles klasse. Aber der Aufhänger, ein Afrikaner, der die Gebeine des
Großvaters aus einem Museum abholen möchte, soll umgelegt
werden. Dieser unbedeutende Mann bekommt solche riesige
Aufmerksamkeit? Pistolen werden über umständliche Wege besorgt,
gehen durch viele Hände, alles wird akribisch vorbereitet, Unmengen
von Leuten sind involviert. Als wenn es schwer wäre, eine Pistole zu
besorgen. Diese Aktion wird von Bossen der Rechten geleitet?
Würden sie ihre Organisation so in Gefahr bringen für diese
unbedeutende Person? Genau das glaube ich nicht. Skandal und
Aufruhr, sollte Kabangu seine Knochen nicht erhalten? Nie im Leben.
Das Museum gäbe zur Auskunft, man habe sich bemüht, aber keine
Artefakten dem Grossvater zuordnen können und wer wollte das
Gegenteil beweisen? Hier ist die Geschichte nicht schlüssig. Und noch
ein Abzug: Bonìs Engagement für die Gebeine passen nicht zu ihrem
psychischem Zustand, schon gar nicht das Ende … mehr will ich
hierzu nicht sagen. Leider ein Bottini, der mich nicht ganz
überzeugen konnte.
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