Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
Krimis / Thriller
Rezension
Extinction
von Kazuaki Takano
Hörbuch, 19 Stunden, gesprochen
von Sascha Rotermund
Klappentext : Jonathan Yeager wird im Auftrag der amerikanischen
Regierung in den Kongo geschickt. Bei einem Pygmäenstamm sei ein
tödliches Virus ausgebrochen. Die Verbreitung muss mit allen Mitteln
verhindert werden. Doch im Dschungel erkennt Yeager, dass es um
etwas ganz anderes geht: Ein kleiner Junge, der über unglaubliche
Fähigkeiten und übermenschliche Intelligenz verfügt, ist das
eigentliche Ziel der Operation. Kann es sein, dass dieses Geschöpf die
Zukunft der Menschheit bedroht? Yeager weigert sich, das Kind zu
töten. Er setzt alles daran, den Jungen in Sicherheit zu bringen. Eine
gnadenlose Jagd auf die beiden beginnt.
Ich war sehr gespannt, was dieses heiß beworbene Buch für
Überraschungen verbergen mag, ein Wissenschaftsthriller und
Bestseller von 2011 aus Japan, mit 500 Seiten. Mit Extinction (zu
deutsch: Auslöschung) macht der Autor einen gefährlichen Spagat,
den ein oder anderen Leser während des Buchs zu verlieren. Auf der
einen Seite ergießt er sich akribisch in die Beschreibung der
Herstellung von Medikamenten mit genauer chemischer Erklärung
und den Bereich der Genetik und auf der anderen Seite birgt der
Thriller den actionreichen Plot einer Söldnertruppe, gespickt mit
brutalen Szenen im kongolesischen Urwald. Hier mag der
Actionliebhaber an manchen Stellen weiterblättern. Und genau das ist
die Schwäche des Buchs, das an vielen Stellen eine flache Handlung
und nicht weiter durchdachte Gedanken liegen lässt, zu schwülstigen
Dialogen neigt, die flach herüberkommen mit oberflächlichen
Charakteren, zeitweise unglaubwürdig überkonstruiert.
Alles ist dabei: die Ebolakrise in Westafrika, Überwachung, Folter,
Drohnenkrieg, Rüstungsindustrie, eine Regierung die vor nichts
zurückschreckt. Es lohnt sich auf jeden Fall, den Roman zu lesen,
denn einige Passagen sind es wert; seien es Gedanken oder Brutale
Szenen, die uns das Ausmass des Leids in Afrika vor Augen stellen.
Der Leser wird durch die Sicht von drei Personen geleitet, drei
Handlungsstränge, die am Anfang nichts miteinander zu tun haben.
Jonathan Yeager, ein Ex-Spezial Force Soldat, der bei einer privaten
Sicherheitsfirma eingestellt ist, die für das US Militär arbeitet, wird als
Kopf einer Söldnerfirma nach Afrika geschickt, ein Dorf
auszulöschen, das von einer sehr ansteckenden Krankheit befallen
ist.
Und wir lernen den jungen Doktoranden Kento Konga kennen, der in
Tokio an der Universität Chemie studiert. Unerwartet stirbt sein Vater
eines natürlichen Todes. Der hinterlässt ihm ein geheimes Labor und
stellt ihn vor die Aufgabe, innerhalb von zwei Wochen ein Medikament
zu entwickeln, das eine seltene Krankheit bekämpft, die den
Betroffenen schon in Kindertagen hinrafft. Warum hier ein neuer
Name für eine bekannte Krankheit erfunden wird, ist mir
unverständlich, vielleicht ein Übersetzungsfehler.
Zuletzt haben wir Arthur Rubens, der mit Ende zwanzig einen
Doktorgrad in Mathematik erreichte und sich mit Kriegspsychologie
beschäftigte. Er arbeitet in einem Regierungsprojekt.
Die meisten Leute spricht das Buch eher ab der Mitte an. Bei mir war
es umgekehrt. Bis hierhin haben wir es viel mit Kento Konga zu tun
und den wissenschaftlichen Ausführungen. Man hätte sie sicherlich
kürzen können, auch ich wurde manchmal ungeduldig. Ich bin kein
Chemiker und ich konnte den Ausführungen folgen, soweit
verständlich. Im zweiten Teil wird sich durch Afrika gekämpft,
spannend, technisch, brutal. Als Leser weiss man, was passieren wird,
die Rollen für Gut und Böse sind klar verteilt. Insofern ist nur das Wie
spannend.
Die Zielfrage die sich stellt lautet: Kann ein „neuer“ Menschentyp, der
sich aus einer Genmutation entwickelte die Menschheit vorwärts
bringen? Ein Mensch, der alle technischen Probleme handeln kann,
jede Krankheit heilt, weil er so schlau ist. Der Autor stellt die These
auf, dieser Mensch ist friedlich und braucht keine Zäune, keine
Kriege, weil er jedes Problem löst. Genau das bezweifle ich. Jede
neue technische oder wissenschaftliche Erneuerung, stellt auch neue
Probleme. Auch der intelligente Mensch wird an seine Grenzen stoßen
und eben vor anderen Problemen stehen mit seinesgleichen. Das
Problem des Menschen an sich liegt nicht in seiner Intelligenz,
sondern in den Dingen, die ihn antreiben: Überlebenstrieb,
Territorialtrieb, Macht, Eifersucht. Und damit wird auch ein höheres
Wesen konfrontiert sein, soweit es genetisch vom Menschen
abstammt. Takano versucht die Gedanken eines intellektuell
überlegenen Wesens zu beschreiben. Hier scheitert der Autor. Wie
soll ich aus der Innenansicht etwas beschreiben, das ich nicht
besitze? Eine Fliege beschreibt, was im Kopf eines Delfins vor sich
geht?
Ein Buch, das mich auf der einen Seite angesprochen hat, auf der
anderen Seite enttäuscht zurückließ, also nur Mittelmaß. Auf jeden
Fall ist beim Schreibstil deutlich die Handschrift eines Drehbuchautors
Takano zu erkennen. Interessant ist der Stoff allemal.
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