Autorin
Sabine Ibing
Interview mit
Andreas Winkelmann
(von Sabine Ibing)
Ich zitiere dich mal, damit die Leser wissen, mit wem sie es zu tun haben:
»Ich wurde an einem eiskalten, stürmischen Wintertag im Dezember des
Jahres 1968 in einem kleinen Nest auf dem Lande geboren. Die Hebamme
fürchtete sich zu Tode bei ihrem ersten Blick in meine dunklen Augen. Sie
hängte daraufhin ihren Beruf an den Nagel und wurde Missionarin im
zentralpatagonischen Innlandeis. ... Ein beträchtlicher Teil meiner
Buchsammlung (okay, es waren Groschenromane) befindet sich noch immer
im Besitz verschiedener Lehrer, die sie mir wegnahmen, wenn ich damit ihren
langweiligen Unterricht überbrücken wollte... Im Laufe meines Lebens habe
ich einige Jobs gemacht. Ich war Ausbilder bei der Armee, Sportlehrer,
Versicherungsfachmann, Taxifahrer. Dazwischen noch ein paar Eskapaden,
die keiner weiteren Erwähnung wert sind. Eigentlich war ich ständig auf der
Flucht, von einem Job zum nächsten, immer hoffend, die Schreiberei möge
mich vom Joch der Arbeit befreien. Denn das Schreiben ist meine Berufung,
meine Leidenschaft. Darüber hinaus bin ich ein Outdoorfreak. Wer sich mit
einem Kajak auf Flüssen oder Seen herumtreibt, wer mit Rucksack und Zelt in
den Wäldern unterwegs ist, wer in den atemberaubenden Dolomiten klettert
oder Hochtouren auf die 4000er der Alpen unternimmt, der könnte dabei auf
mich treffen.«
www.andreaswinkelmann.com
Der beste Lebenslauf, den ich je gelesen habe!
Du wirst als neuer Stern am Krimihimmel gehandelt. Stolz?
Andreas: Nicht auf diesen Satz, zumal ich keine Krimis schreibe, aber ich bin
stolz darauf und glücklich darüber, in meinem Traumberuf arbeiten zu
dürfen. Bis dahin war es aber ein langer Weg und es steckt viel Arbeit
dahinter.
Ich persönlich mag deine Thriller. Die Zucht war spitzenmäßig! Du hast bei
deinen Romanen das Talent, die banale Wirklichkeit schaurig darzustellen.
Die Bücher haben einen leichten Horroreffekt. Planst du das von Anfang an
oder entsteht das beim Schreibprozess?
Andreas: Vielen Dank! Die Zucht ist ja kein Krimi im eigentlichen Sinn sondern
eine Mischung aus Thriller und Familiendrama – und Horror. Ja, ich gebe es
zu, ich mag dieses Genre, und irgendwie, ohne dass ich es plane, schleicht es
sich immer ein klein wenig in meine Geschichten ein. Ich habe selbst immer
gern Horror gelesen, bin deshalb natürlich geprägt und wahrscheinlich auch
traumatisiert. Übrigens plane ich meine Geschichten nicht. Ich schreibe
einfach drauf los, folge meinen Figuren, führe sie nicht, und lasse die
Geschichte sich frei entwickeln. So macht das Schreiben richtig Spaß!
Bist du durch Zufall auf das Thema illegale Hundezucht gestoßen, oder wie
kamst du darauf? Hast du einen Hund?
Andreas: Ich habe selbst zwei Hunde und habe immer wieder von diesen
schrecklichen Praktiken rund um den Welpenhandel gelesen. Ich habe nicht
konkret geplant, dieses Thema in einem Buch abzuarbeiten, aber als ich mit
der Zucht begann, hat es sich so ergeben. Es passte einfach. Zwei oder drei
verschiedene Ideen, die schon eine Weile in meinem Kopf herumspukten,
fanden zueinander und ergaben die Geschichte. Wenn so etwas passiert,
sind das stets die schönsten Momente beim Schreiben.
In Deathbook geht es um die vernetzte Welt, niemand ist sicher vor der
Überwachung. Wird es bald gar keinen persönlichen Rückzugspunkt mehr
für uns geben?
Andreas: Bald? Den gibt es jetzt schon nicht mehr. Es sei denn du verzichtest
auf deinen PC, dein Smartphone, deinen Fernseher, deinen Kühlschrank,
dein Auto ....
Wenn man will, findet man immer noch Rückzugsorte. Ich finde sie in der
Natur, in der Abgeschiedenheit, dort wo Medien und Kommunikation keine
Rolle spielen. Ich habe eine Weile auf einer total einsamen Berghütte in den
Alpen geschrieben, das war eine sehr kreative Zeit ohne jede Störung.
Zuhause allerdings ... nun ja, man muss seinen persönlichen Rückzugsort im
digitalen Zeitalter wirklich verteidigen. Sonst ist er weg.
Du bist ein Bergsteiger und liebst die Alpen. Was fasziniert dich am Klettern?
Überhaupt bist du ein Naturmensch. Was gibt dir die Natur?
Andreas: Klettern ist zielgerichtet, man will den Gipfel erreichen oder eine
bestimmte Wand durchsteigen. Dafür quält man sich, ohne dass es jemand
bemerkt. Man kann das allein tun, wenn man will. Man muss mit sich selbst
auskommen und arbeitet nur für sich. Ohne Anerkennung, ohne Beifall. Das
mag ich. Zudem liebe ich die sportliche Herausforderung. In der Wildnis
blühe ich regelrecht auf, dort ist meine Seele zuhause. Natur erdet mich, sie
rückt alles ins richtige Licht.
Es gibt ein schönes Schiller-Gleichnis: »... Welcher Bergsteiger aber verzichtet
auf einen Aufstieg, bloß weil ein Absturz droht? Gleicht er nicht einem
Menschen, der von vornherein auf das Leben verzichtet?« Würde das zu
deinem Lebensweg passen?
Andreas: Absolut! Über Gefahren habe ich mir nie Gedanken gemacht, und
ich will mich auch nicht von Ängsten einschränken lassen. Weder beim
Bergsteigen noch in anderen Bereichen des Lebens. Ob etwas geht oder
nicht, finde ich heraus, in dem ich es tue, nicht, in dem ich darüber
nachdenke und die Gefahren abwäge.
Welches große Abenteuer wartet noch auf dich? Was willst du unbedingt
irgendwann in Angriff nehmen?
Andreas: Der Himalaya wartet. Nicht der Everest oder ein anderer bekannter
Gipfel, sondern die Landschaft, die Kultur, die Menschen. Ich werde also
irgendwann dort trekken gehen. Ich bin schon ein paarmal zu Fuß über die
Alpen gestiegen und brauche nun neue Ziele. Beruflich ist jedes neue Buch
ein weiteres Abenteuer, zudem habe ich gerade ein Drehbuch für einen
außergewöhnlichen Film geschrieben und bin maßgeblich an der Produktion
beteiligt. Wenn wir es finanziert bekommen, drehen wir nächstes Jahr.
Seven Devils wird der Film heißen. Infos dazu gibt’s schon jetzt im Internet.
Wann erscheint dein neues Buch und was kannst du uns darüber verraten?
Gibt es Lesetouren in der nächsten Zeit? Wo finden wir die Termine?
Andreas: Mein nächstes Printbuch erscheint im März 2016. Es heißt Killgame.
Ich habe meine eigene Erfahrung während eines Jagdaufenthaltes in
Kanada darin eingearbeitet. Ich liebe dieses Buch und hoffe, den
Leserinnen und Lesern geht es genauso. Und wenn alles klappt, werde ich
noch dieses Jahr ein reines eBook herausbringen. Wann das sein wird, und
auch alle Lesungstermine, findest Du auf meiner Facebookseite andreas
winkelmann, schriftsteller, oder auf meiner
Homepage www.andreaswinkelmann.com
Ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast, meine Fragen zu
beantworten.
Andreas: Ich danke Dir, dass ich ein bisschen Quasseln durfte. Wir
Schriftsteller sind ja immer eingesperrt und kommen nur selten dazu!
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