© Sabine Ibing, Lorib GmbH         Literaturblog Sabine Ibing
Autorin Sabine Ibing
Der Anfang: »›Als ich geboren wurde, war R. noch eine Stadt. Vierhundert Leute haben bei Phillips in der Fabrik gearbeitet. Es gab genauso viel Gründe, hier zu leben, wie anderswo.« Ein kleines Dorf im Zentralmassiv in Frankreich wird von zwei rivalisierenden Familien beherrscht. Den Courbiers gehören die Wälder, das Holzunternehmen, den Messenets die Agrarländereien, sie betreiben Landwirtschaft. Rémi Parrot ist von Beruf Revierjäger, hält den Wald in Ordnung, mischt sich nicht in die Familienfehden ein, was nicht immer leichtfällt. Sein Großvater wanderte einst aus der Bretagne ein, darum wird Rémi niemals als Einheimischer anerkannt werden. Die Stadt ist zum Kaff verfallen, die Zeit der Gerbereien, Spinnereien, Tuchfabriken ist vorbei. Heute ist der größte Arbeitgeber das Courbier-Holzunternehmen TechBois. »Im Val Ver herrschte wieder Ruhe. Das Wasser des Sees spiegelte den Himmel, und die Äste bogen sich unter dem Gewicht des frischen Laubs. Sonnenstrahlen durchschossen die Blätter und luden sie mit Licht und Energie auf.« Rémis bereitet die jährliche Jagd vor, ist immer auf der Suche nach seinem Freund Philippe, den sie »Ökofritze« oder »Ökoterrorist« nennen, der spurlos verschwunden ist. Rémi geht davon aus, nur noch seine Leiche zu finden. Er war irgendeiner Sache auf der Spur. Die Ruhe trügt. »Dennoch wussten diejenigen, die ihn kannten, Bescheid: Paul Courbier war der schlauste und durchtriebenste Geschäftsmann der Region, vergleichbar nur mit dem alten Messenet. Die beiden Alten hatten die Hälfte der kleinen Höfe der Gegend aufgekauft. Paul Corbiers Wort, so hieß es, war nur in einem einzigen Fall von Wert: Wenn er geschworen hatte, jemandem den Garaus zu machen.« Obwohl sich Rémi aus allen heraushält, ist der Einzelgänger nicht sehr beliebt, er ist starrköpfig (aber das sind hier alle). Verunstaltet durch einen Unfall, bei der Feldarbeit hat ihm vor vielen Jahren eine Zapfwelle den Kopf zerschmettert, plagen ihn höllische Schmerzen. Narben durchziehen sein Gesicht, er ist tablettensüchtig. Damals hatte er etwas mit Michèle Messenet, was der arroganten Familie nicht passte. Sie ist weggezogen. Doch plötzlich ist sie zurück. Wegen Rémi? Bei der großen Jagd wird Rémi, der Jagdführer, angeschossen, oben auf dem Hochsitz, also nicht zu verwechseln mit einem Wildschwein. Wildwestschießereien, Sabotage, Brände, wildernde Sintis, Höhlenforscher, Umweltskandal, Selbstjustiz: Courbiers gegen Messenets und die Gitanes sind sowieso an allem schuld. »Du hältst dich raus Parrot. Wir wissen genau, dass du zu den Sinti hältst und sie sogar auf deinem Gebiet jagen lässt. Diesmal wird uns keine Polizei davon abhalten, uns um diese Sache zu kümmern.« Varenne hat das Buch auf mehreren Zeitebenen spielen lassen, springt in die Vergangenheit und nach vorn. Der Wald, das Dunkel des Tals, die Einsamkeit, der Geruch, die Stille des Waldes, aber auch der eingefleischte Zusammenhalt, die Dickköpfigkeit der Bevölkerung, ist spürbar, Provinz pur. Auf der einen Seite finde ich das Buch recht gut, doch bis zur Mitte habe ich mich durchkämpfen müssen, es immer wieder weggelegt. Ab da kommt Leben in die Geschichte und der Roman wird wirklich spannend. Veränderung der Industriegebiete, Zerfall von Regionen, Umweltaspekte, es werden interessante Themen angesprochen. Antonine Varenne schreibt eindringlich, sein erzählerischer Stil hat mir gefallen, auch wenn ich den Anfang ein wenig zäh empfand. Durchhalten am Anfang, es lohnt sich. Antonin Varenne hat Philosophie studiert, was als Hochhauskletterer und Zimmermann tätig. Für seine Krimis erhielt er in Frankreich wichtige Preise, sie gehören zu den Bestsellern in Frankreich. zeitgenössische Romane Krims und Thriller Historische Romane Fantasy, Fantastic, SciFi, Utopien Dystopien Sachbücher (für jedermann) Kinder- und Jugendliteratur
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben Krimis / Thriller Rezension
Die Treibjagd von Antonin Varenne