Autorin
Sabine Ibing
Bücher, die mir selbst gut gefallen haben
zeitgenössische Romane
Rezension
Leid und Sehnsucht (Sabine Ibing)
Zur Blogtour “Die verlorenen Zeilen der Liebe” von A. Korten
Was treibt den Menschen an, was lässt ihn scheinbar Unwegsames
überwinden, ihn über Grenzen gehen, ihn Dinge anfassen, von denen
man lieber die Finger lassen sollte, scheinbar Blödsinniges tun? Warum
begeht manch einer immer den gleichen Fehler? Weshalb besteigt ein
Mensch einen hohen Berg, lässt die Angst außen vor und denkt beim
Abstieg schon an den nächsten Gipfel und was treibt einen anderen in
ferne Länder? Es ist die Sehnsucht.
Bereits die alten Griechen befassten sich mit dem Thema. Sie nannten
dieses tiefe Verlangen Epithymia. Thymos ist die Bewegung, die
Lebenskraft und auch der Sturm. Sidus ist der lateinische Begriff dafür,
nach einem Gestirn benannt, der tiefe Wunsch nach etwas. Die
Philosophen erklärten es mit tiefem Begehren nach Unerreichbarem,
unerreichbar wie die Sterne.
„Der sensible Mensch leidet nicht aus diesem oder jenem Grunde,
sondern ganz allein, weil nichts auf der Welt seine Sehnsucht stillen
kann. Die menschliche Realität ist von Natur aus unglückliches
Bewusstsein ohne mögliche Überschreitung des Unglückszustands. Der
Mensch ist ein Drama“,so Jean Paul Sartre.
Sehnsucht impliziert das Wort Sucht, wie schon Kant definierte, die Zeit
zwischen dem Jetzt und dem Zeitpunkt das Erwünschte zu erlangen,
dem man süchtig entgegenfiebert. Ordnung, Prinzipien, Gesetze und
Gebote, die Moral an sich, stehen oft gegen die Sehnsucht. Haben wir
nicht alle die Sehnsucht, Verbotenes oder Verwerfliches
auszuprobieren? Die Sehnsucht nach unbändiger Rache zum Beispiel.
Und werden wir glücklich sein, wenn wir der Sehnsucht folgen, Grenzen
überschreiten?
Sehnsucht hat etwas mit Träumen und Leidenschaft zu tun, Hegel
beschrieb sie als das Sinnen des Menschen, das Paradis zu erreichen.
Oft ist es aber so, dass man glaubt, das Paradis gefunden zu haben
und ist letztendlich in der Hölle angelangt oder steckt in einer Schlucht.
Nicht immer endet das Erlangen der Sehnsucht in der Erfüllung. Die
Suche nach der Wahrheit, der Vollkommenheit, nach der Liebe, sie
kann zum Trauma werden. Die Unerfülltheit oder die Wahrheit kippt um
in die Frage nach dem Warum, nach der Frage: »Wer bin ich oder wer
will ich sein?«. Depression umfasst ein weites Gebiet der Sehnsucht.
Manch einer ist glücklich mit seinen Träumen, er möchte sie gar nicht
erreichen, weil ihm sonst die Leere droht. Ein anderer träumt so hoch,
dass er nur fallen kann. Und wieder einen anderen halten wir mit
seinen Träumen für einen Spinner, wischen uns die Augen, wenn er
lachend vorbeizieht, seinen Traum erfüllt hat, die uns unerreichbar
schien.
»Der sensible Mensch leidet nicht aus diesem oder jenem Grunde,
sondern ganz allein, weil nichts auf dieser Welt seine Sehnsucht stillen
kann«, so Jean-Paul Sartre.
Manche Zeitgenossen gelten als unzufrieden oder mürrisch, schwierig.
Vielleicht sind sie nur sensibel. Manche Sehnsucht ist nie erfüllt, sie
kehrt immer wieder. Ist der Berg bezwungen, träumt man vom
nächsten. Eine Unruhe erfasst dich, die nicht zu bändigen ist. Mache
Sehnsucht entwickelt sich zur Manie. Sehnsucht kann sich zu einer
inneren Kraft entwickeln, eine Glut im Menschen entwickeln, alles zu
erreichen, sogar so weit, dass dieser Mensch rücksichtslos und
zerstörerisch seine Sehnsucht auslebt. Sie kann sich aber ebenso nach
innen kehren, einen qualvollen Kampf in der Seele entwickeln, der die
emotionale Harmonie zerstört. Die Sehnsucht nach Angst und Schmerz,
nach dem Tod. Dieser Zustand führt in den Wahn oder in den Rückzug
der Seele, sodass dieser Mensch nicht mehr erreichbar ist.
Manche Geschöpfe sehnen sich nach dem Tod. Nicht weil es ihnen
schlecht geht oder weil sie sich ungeliebt und missverstanden fühlen.
Sie wollen schlicht sterben, sehen keinen Sinn in ihrem Dasein. Sie
möchten ein Teil des großen Universums sein oder streben einem
undefinierbaren Licht entgegen. Sie möchten erlöst sein vom Leben,
das sie belastet. In der Psychiatrie wird dies als eine Art der Psychose
bezeichnet.
Die Sehnsucht hat viele Varianten, Begierde nach den Bergen, den
Tiefen der Meere, nach dem Abenteuer, Sehnsucht des Entdeckens,
des sich selbst Überwinden, die Sehnsucht nach Musik, nach der
vollkommenen Liebe, nach Begreifen des großen Ganzen, die
Sehnsucht nach der Heimat, nach Leben und Tod, Eros und Thanatos.
In der Literatur zeigt die Zeit der Romantik die Sehnsucht am stärksten.
Novalis, Chamisso und Eichendorff, Caspar David Friedrich und
Christian Dahl als Maler. »Nach innen führt der Weg« von Novalis ist ein
anschauliches Beispiel dafür, die Wahrheit zu suchen, die inneren
Werte, die eigne Identität, das Begreifen der eigenen Seele. Viele
Romantiker betrachteten parallel ihre Sehnsucht nach Verbundenheit
mit der Natur, eins zu sein mit dem Ganzen.
Dazu ein Beispiel von Joseph von Eichendorff, der in späteren Strophen
das Sehnen nach einem Mädchen beschreibt. Ein Mann junger voller
Tatendrang und Begierde, die ihn antreibt, die Neugier an der Ferne,
ein Weib, Entdeckerfreude, was das Leben zu bieten hat:
Sehnsucht
Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab‘ ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!
Goethe konnte mit den Romantikern nichts anfangen, sie waren ihm
nicht bodenständig genug. Aber auch er konnte sich der Sehnsucht
nicht entziehen, siehe »Sah ein Knabe ein Röschen stehen« oder
»Kennst du das Land, in dem die Zitronen blühen«. Ihn packte die
Sehnsucht des Reisens und des Entdeckens, in jungen Jahren die
unerfüllte Liebe, beschrieben im »Werther«.
Warum haben wir zu dem Buch »Verlorenen Zeilen der Liebe« das
Thema Sehnsucht gewählt? Weil es in diesem Buch um Sehnsucht geht,
um den Traum der wahren Liebe. Eine Amor fou, eine unvernünftige
Liebe aus Leidenschaft, aus der mehr werden soll. Ein Sehnen, eine
Sucht, eine Liebe, die keinen Bestand hat, nicht haben darf, nicht haben
wird. Die Sehnsucht eines jungen Mädchens, das die Welt umarmen
möchte, ganz Paris erobern will, die große Liebe sucht, steht auf der
einen Seite. Ein reifer Herr aus gutem Haus hat die banale Sehnsucht
nach körperlicher Liebe mit jungen Frauen. Seine Sehnsucht besteht im
Austausch der Geliebten. Für ihn sind die Frauen Spielzeug, für die
Frauen ist dieser attraktive Mann die Erfüllung.
Tag 1: Die verlorenen Zeilen der Liebe (Buchvorstellung )
http://buchreisender.de/blogtour-die-verlorenen-zeilen-der-liebe/
Tag 2: Leid und Sehnsucht - Sabine Ibing
Tag 3: Kindheitstrauma und seine Folgen
http://tanisbuecherwelt.de/2016/04/die-verlorenen-zeilen-der-liebe/
Tag 4: Die Suche nach Liebe und Geborgenheit
https://tamysbuecherwelt.wordpress.com/2016/04/04/blogtour-die-verlorenen-zeilen-der-liebe/
Tag 5: Scheinwelt
http://tausend-leben.blogspot.ch/2016/03/blogtour-die-verlorenen-zeilen-der-liebe.html
Tag 6: Wahre Freundschaft oder Liebe
http://buchbria.blogspot.ch/2016/04/blogtour-der-6-tag-die-verlorenen.html
Tag 7. Astrid Korten über ihre Bücher
http://babsleben.blogspot.ch/
Tag 8: Gewinnspielauslosung auf allen Blogs
http://buchreisender.de/blogtour-die-verlorenen-zeilen-der-liebe/
meine Rezension zum Buch
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Das Gewinnspiel endet am 10.4.2016 um 23:59 Uhr.
Hier zu meinem Interview mit Astrid Korten
zeitgenössische Romane
Krims und Thriller
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